In Belarus hat sich eine einzigartige Situation entwickelt, in der die Pflicht, bei der Arbeitssuche einen Militärausweis vorzulegen, zu einer Quelle der Diskriminierung und einem Hindernis für den Schutz der Menschenrechte geworden ist. Diese Anforderung bedroht nicht nur die Gleichstellung der Geschlechter, sondern auch die Rechte von Männern, die aus verschiedenen Gründen keinen Militärausweis besitzen oder bewusst darauf verzichten, einen zu beantragen.

Diese Übersicht wurde im Rahmen der belarussischen Kampagne „No Means No“ erstellt, deren Ziel es ist, jede Beteiligung der belarussischen Armee am Krieg in der Ukraine zu verhindern. Diese Kampagne ist Teil der globalen Initiative „ObjectWarCampaign„, die von einer Koalition von pazifistischen und friedensbildenden Organisationen weltweit durchgeführt wird.

Diese Übersicht wurde mit Unterstützung der Bertha-von-Suttner-Stiftung der DFG-VK erstellt.

Diese Übersicht wurde vom Internationalen Zentrum für Zivilinitiativen „Unser Haus“ erstellt, einer belarussischen Menschenrechts- und Friedensorganisation, die seit Dezember 2005 in Belarus tätig ist. Die Organisation ist seit Januar 2014 in Litauen registriert und befindet sich derzeit im Exil in Litauen.

Website: news.house

Geschlechterdiskriminierung

Die Pflicht, einen Militärausweis vorzulegen, betrifft ausschließlich Männer. Nach den Vorschriften des Ministeriums für Arbeit und soziale Sicherheit der Republik Belarus müssen nur Männer, die dem Wehrdienst unterliegen oder in der Reserve sind, Militärdokumente besitzen.
Frauen hingegen müssen bei der Arbeitssuche keinen Militärausweis oder ein gleichwertiges Dokument vorlegen, was eine klare Ungleichbehandlung schafft. Diese Regelung kann als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts betrachtet werden, da Männer mit zusätzlichen bürokratischen Hürden konfrontiert sind, die nichts mit ihren beruflichen Fähigkeiten zu tun haben.
Darüber hinaus verbieten internationale Menschenrechtsstandards, wie die ILO-Konvention Nr. 111, Diskriminierung im Arbeitsbereich aufgrund des Geschlechts. Die Praxis in Belarus im Hinblick auf Militärausweise entspricht nicht diesen Standards und schafft systemische Ungleichheit zwischen Männern und Frauen.

Probleme der Kriegsdienstverweigerer

Die Anforderung eines Militärausweises betrifft insbesondere Männer, die aus ethischen, religiösen oder politischen Gründen den Wehrdienst verweigern. Trotz der repressiven Atmosphäre in Belarus wächst die Zahl solcher Menschen. Für sie wird der Arbeitsmarkt jedoch zu einem unüberwindbaren Hindernis.

  1. Bedrohung durch die Militärkommissariate
    Wenn eine Person, die den Wehrdienst verweigert hat, dennoch einen Militärausweis erhält, wird ihre Beschäftigung für die Behörden zu einem Signal. Arbeitgeber übermitteln gesetzeskonform die Informationen über neue Mitarbeiter an das Militärkommissariat. Nachdem die Militärkommissariate diese Daten erhalten haben, überprüfen sie den Status des Mannes und können die Einberufung, Übungen oder sogar strafrechtliche Verfolgung wegen Dienstverweigerung einleiten.
  2. Verweigerung von Arbeitsrechten für Kriegsdienstverweigerer
    Männer, die bewusst keinen Militärausweis beantragen, sind vollständig vom legalen Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Das belarussische Gesetz bietet für solche Bürger keine alternativen Optionen. In der Praxis sind sie gezwungen, illegal zu arbeiten oder zu emigrieren, um Verfolgung zu vermeiden und ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Einschränkung der Beschäftigungsmöglichkeiten

In Belarus ist die Anforderung eines Militärausweises häufig nicht mit beruflichen Aufgaben verbunden. Sie wird als universelle Maßnahme angewendet, unabhängig von der Art der Arbeit oder deren möglichem Nutzen für die Gesellschaft.

Unvereinbarkeit mit beruflichen Anforderungen

Der Militärausweis enthält Informationen über militärische Fachrichtungen, die für bestimmte Positionen, wie beispielsweise in den Bereichen Sicherheit oder Technik, relevant sein könnten. In den meisten Fällen hat der Besitz eines Militärausweises jedoch keinen Bezug zu beruflichen Fähigkeiten. Das bedeutet, dass qualifizierte Fachkräfte einfach aufgrund des Fehlens eines Dokuments, das keinen Einfluss auf ihre Kompetenz hat, aussortiert werden können.

Hindernisse für junge Menschen

Junge Männer, die noch keinen Dienst geleistet haben oder den Dienst verweigern, befinden sich in einer besonders verletzlichen Lage. Ohne Militärausweis haben sie kaum Chancen auf eine Anstellung, was den Karrierestart erschwert und zu sozialer Isolation führt.

Verstoß gegen internationale Normen

Die Pflicht, einen Militärausweis für die Beschäftigung vorzulegen, steht im Widerspruch zu mehreren internationalen Normen, die von Belarus ratifiziert wurden:
Konvention zur Beseitigung aller Formen von Diskriminierung der Frau (CEDAW): Trotz ihres Namens verlangt dieses Dokument gleiche Chancen für Männer und Frauen.

ILO-Konvention Nr. 111 über Diskriminierung im Bereich der Beschäftigung und des Berufs: Sie verbietet ausdrücklich jede Form der Diskriminierung, auch aufgrund des Geschlechts.
Diese Verstöße untergraben die Reputation von Belarus als Staat, der seine internationalen Verpflichtungen erfüllt, und schaffen zusätzliche Barrieren für die Integration in globale wirtschaftliche und rechtliche Systeme.

Gesellschaftliche Folgen

  1. Schaffung eines Klimas der Angst
    Die Anforderung des Militärausweises verstärkt die Angst vor staatlicher Repression. Junge Männer haben Angst, sich offiziell anzumelden, da dies zu Problemen mit dem Militärkommissariat führen könnte.
  2. Zunahme der informellen Beschäftigung
    Männer ohne Militärausweis sind gezwungen, im Schattenbereich der Wirtschaft zu arbeiten, was zu einem Verlust von Steuereinnahmen für den Staat und einer erhöhten Ausbeutung durch Arbeitgeber führt.
  3. Emigration
    Viele junge Menschen sehen die Emigration als den einzigen Weg, dem staatlichen Druck zu entkommen und anständige Arbeitsbedingungen zu sichern. Dies verschärft das demografische Problem im Land, das bereits unter erheblichem Arbeitskräftemangel leidet.

Eine Perspektive aus der Sicht der menschlichen Werte

Die Verwendung des Militärausweises als Instrument der Diskriminierung widerspricht grundsätzlich modernen Konzepten von Gleichheit und Freiheit. Es ist nicht nur ein rechtliches Problem, sondern auch eine ethische Frage, die die fundamentalen Menschenrechte betrifft.

Alternative Lösungen

Abschaffung der Militärausweis-Pflicht: Dies würde Diskriminierung beseitigen und unnötige bürokratische Barrieren abbauen.
Schaffung eines Systems für Alternative Zivildienste: Ein solches System würde es Menschen, die den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigern, ermöglichen, den entsprechenden Status zu erhalten und Probleme bei der Arbeitsaufnahme zu vermeiden.
Änderung des Arbeitsrechts: Es ist notwendig, die Liste der bei der Anstellung erforderlichen Dokumente zu überprüfen und nur solche beizubehalten, die wirklich mit der beruflichen Tätigkeit zu tun haben.

Schlussfolgerung

In Belarus ist der Militärausweis zu einem Instrument der Diskriminierung und Kontrolle geworden, das der Gesellschaft schadet und die Rechte von Männern untergräbt. Das Problem erfordert einen systematischen Ansatz, der die Überarbeitung der nationalen Gesetzgebung und die Einhaltung internationaler Standards umfasst.
Nur durch Reformen und das Bewusstsein für die Unzulässigkeit von Diskriminierung kann Belarus Bedingungen schaffen, die Gleichberechtigung, wirtschaftliche Entwicklung und den Schutz der Menschenrechte fördern.

 

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.