Vitaly Dvarashin und die Organisation „Mūsų namai“ (zu Deutsch „Unser Haus“) haben in Litauen einen Gerichtsprozess gewonnen und die zwangsweise Abschiebung aufgehoben. Die Migrationsbehörde schuldet uns und Vitaly nun über tausend Euro. Wir beleuchten den Fall des belarussischen Kriegsdienstverweigerers, der mit widersprüchlichen Entscheidungen der litauischen Behörden konfrontiert war, um zu verstehen, wie nationale Verfahren internationale Menschenrechtsstandards verletzen.
Einleitung
Der Fall von Vitaly Dvarashin, einem belarussischen Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen, der in Litauen lebt, ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie bürokratische Entscheidungen und die Missachtung internationaler Verpflichtungen zu systematischen Menschenrechtsverletzungen führen können. Vitaly, der seit etwa zehn Jahren in Litauen lebt, sah sich mit Problemen wie dem Entzug seines vorübergehenden Aufenthaltsstatus und der drohenden Abschiebung konfrontiert. Dieser Fall wirft wichtige Fragen zur Einhaltung der Grundsätze von Rechtsstaatlichkeit, Transparenz und Verhältnismäßigkeit in Verwaltungsverfahren auf.
Fallgeschichte
Im Jahr 2023 widerrief die litauische Migrationsbehörde die temporäre Aufenthaltsgenehmigung von Vitaly Dvarashin mit der Begründung einer angeblichen „Gefährdung der Staatssicherheit“. Diese Entscheidung wurde vom Verwaltungsgericht Vilnius aufgehoben und von einem übergeordneten Gericht bestätigt, das auf das Fehlen objektiver Beweise für eine solche Bedrohung hinwies. Dennoch traf die Behörde im Jahr 2024 erneut eine ähnliche Entscheidung, ohne die Beanstandungen des Gerichts zu berücksichtigen.
Probleme bei der Rechtsanwendung
Ein zentraler Punkt im Fall von Vitaly Dvarashin ist die Verwendung von geheimen Informationen, die vom Departement für Staatssicherheit (VSD) bereitgestellt wurden, ohne dass deren Inhalt offengelegt oder eine Möglichkeit zur Anfechtung gegeben wurde. Dies verstößt gegen die grundlegenden Prinzipien eines fairen Gerichtsverfahrens, wie sie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten festgelegt sind.
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Fehlende Beweisgrundlage
Die litauischen Migrationsbehörden haben keine objektiven Beweise dafür vorgelegt, dass Vitaly Dvarashin eine Bedrohung darstellt. Alle Entscheidungen basierten auf „geheimen Informationen“, was das Verfahren intransparent macht und das Vertrauen in staatliche Institutionen untergräbt.
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Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen
Das Einreiseverbot nach Litauen und die Aufnahme von Vitaly in das Schengener Informationssystem (SIS) wurden verhängt, ohne seine persönlichen Umstände und seine lange Aufenthaltsdauer im Land zu berücksichtigen.
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Widerspruch zu internationalen Verpflichtungen
Litauen ist als EU-Mitglied verpflichtet, die Rückführungsrichtlinie einzuhalten, die einen individuellen Ansatz und die Achtung der Rechte von Migranten und Flüchtlingen verlangt. In diesem Fall wurden diese Anforderungen ignoriert.
Rechtliche Aspekte
Das Gerichtsurteil stellte fest, dass die Handlungen des Migrationsdepartements gegen die im litauischen Recht verankerten Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Gesetzmäßigkeit verstoßen. Dennoch ignoriert das nationale Sicherheitsdepartement weiterhin die Gerichtsentscheidungen, was die Frage nach der Wirksamkeit des litauischen Rechtssystems beim Schutz der Rechte belarussischer Flüchtlinge aufwirft.
Rechtliche Präzedenzfälle und Menschenrechte
Der Fall des belarussischen Kriegsdienstverweigerers Vitaly Dvarashin wirft bedeutende Fragen zum Zusammenspiel von Menschenrechten, nationaler Sicherheit und Verwaltungsrecht auf. Er steht im Zusammenhang mit dem Urteil des Vilniusser Bezirksverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2023, das vom Obersten Verwaltungsgericht Litauens bestätigt wurde. In diesem Fall geht es um die Verletzung der Rechte von Asylbewerbern und die Rolle des Migrationsdepartements bei der Bewertung von Bedrohungen.
1.Bewertung der Bedrohung
Das Gericht stellte fest, dass die Migrationsbehörden keine umfassende Bewertung der möglichen Bedrohung durch den Antragsteller vorgenommen haben. Obwohl der litauische Staatssicherheitsdienst (VSD) behauptete, der Militärdienst in der belarussischen Armee könne ihn zu einem potenziellen Agenten der belarussischen Geheimdienste machen, betonte das Gericht, dass diese Annahme nicht ausreicht, um eine tatsächliche Bedrohung anzuerkennen.
2.Recht auf Asyl
Das Gericht betonte, dass der Antragsteller nicht für die Beantragung von Asyl bestraft werden darf und sein Recht auf Änderung seines Aufenthaltsstatus unantastbar bleiben muss. Dies ist eine zentrale Position, die die Bedeutung der Achtung der Rechte von Migranten im Verfahren zur Prüfung von Anträgen hervorhebt.
3.Rolle des VSD
Ein wichtiger Aspekt dieses Falls ist die Beteiligung des Staatssicherheitsdienstes (VSD), der Informationen über eine potenzielle Bedrohung der nationalen Sicherheit bereitgestellt hat. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Analyse des VSD unzureichend begründet war und konkrete Beweise für eine Bedrohung nicht vorgelegt wurden.
Die Bedeutung der Entscheidung für die Migrationspolitik
Dieser Fall hebt die Notwendigkeit eines ausgewogeneren Ansatzes bei der Bewertung von Bedrohungen durch ausländische Staatsbürger hervor, insbesondere wenn es um politisch motivierte Entscheidungen geht. Das Gericht betonte, dass die Migrationsbehörden auf eine breitere Datenbasis zurückgreifen sollten und nicht nur auf die Schlussfolgerungen der Geheimdienste.
Schlussfolgerung
Der Fall des belarussischen Kriegsdienstverweigerers Vitaly Dvarashin ist ein anschauliches Beispiel für den Widerspruch zwischen dem Schutz der Menschenrechte und der Gewährleistung der nationalen Sicherheit im Einwanderungsrecht. Trotz der Bedeutung der Sicherheit müssen grundlegende Menschenrechte gewahrt werden, insbesondere im Hinblick auf schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen wie Asylsuchende. Dieser Fall unterstreicht auch die Rolle der Judikative, um sicherzustellen, dass administrative Entscheidungen gerecht getroffen werden, basierend auf Fakten und umfassenden Bewertungen.
Nachwort
Um die wunderbare Nachricht nicht mit Analyse zu entstellen, möchten wir betonen, dass das Gericht die Beschwerde von Vitaly Dvarashin vollständig anerkannt und somit die Entscheidungen der Migrationsbehörde zur zwangsweisen Abschiebung von Vitaly nach Belarus aufgehoben hat.
Darüber hinaus entschied das Gericht, dass die Migrationsbehörde 1222 Euro und 50 Cent zahlen muss und hob hervor, dass dieser Betrag von unserer Organisation „Mūsų namai“ zur Unterstützung von Vitaly in seinem Kampf um seine Rechte bereitgestellt wurde.
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