Die seit über einem Jahr andauernde russische Aggression gegen die Ukraine hat die gesamte Region an den Rand eines großen Krieges gebracht. Einer der möglichen Wege, diesen Krieg zu vermeiden, ist die direkte Weigerung der Menschen, zu den Waffen zu greifen. Es ist nicht verwunderlich, dass die Regierungen eine solche Haltung ihrer Bürger kategorisch ablehnen. Kriegsdienstverweigerer oder Deserteure zu werden, erfordert daher große persönliche und zivile Courage.

Am 3. März 2023 fand ein für Osteuropa sehr ungewöhnliches, aber sehr wichtiges Ereignis statt: ein internationales Webinar, das sich mit den Rechten und Problemen von Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren aus Belarus, der Ukraine und Russland befasste. Über hundert verschiedene Initiativen und NGOs aus der ganzen Welt, von Europa bis Afrika, nahmen an dem Webinar teil.

Auf dem internationalen Webinar wurden drei Referenten vorgestellt. Die erste, Elena Popova, vertrat das Komitee der Soldatenmütter in Russland. Sie sprach ausführlich über die Probleme russischer Männer, die versuchen, sich der Mobilisierung und Einberufung zur Armee zu entziehen, und zeigte konkrete Beispiele, mit denen sie arbeitet. Die zweite Rednerin war Olga Karach, die Leiterin der Menschenrechtsorganisation Unser Haus. Sie sprach über die Probleme der belarusischen Kriegsdienstverweigerer und Deserteure, einschließlich der Änderungen des belarusischen Strafgesetzbuches, die die Todesstrafe für Hochverrat (die auch auf Desertion angewandt werden kann) und bis zu fünf Jahre Haft nur für die Unterstützung eines Deserteurs vorsehen.

Olga Karach gab auch sehr konkrete Empfehlungen: Sie sprach darüber, was die internationale Gemeinschaft tun kann und sollte, um das Recht der belarusischen Männer zu verteidigen, nicht zu den Waffen zu greifen und sich zu weigern, dem Militär beizutreten.

Der ukrainische Pazifist Yurii Sheliazhenko sprach über den Fall eines Wehrdienstverweigerers, der sich aus religiösen Gründen weigerte, in die Armee einzutreten, und dafür ins Gefängnis kam. Außerdem zeigte Jurij Sheliazhenko dramatische Beispiele aus dem aktuellen Geschehen in der Ukraine, wo eine Mobilisierung in einem Land im Krieg echte Familientragödien auslöst.

Dieses sehr wichtige Webinar dauerte zwei Stunden, wurde auf Englisch abgehalten und in vier Sprachen übersetzt. Es war keine Überraschung, dass die Teilnehmer viele Fragen hatten: Das Thema ist für die gesamte Region Osteuropas sehr schmerzhaft. Das Webinar wurde von einer Koalition internationaler Menschenrechtsorganisationen veranstaltet, die sich im Rahmen der Kampagne #ObjectWarCamaign für die Rechte von Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren aus Belarus, Russland und der Ukraine einsetzen.

Das nächste Webinar wird sich mit Belarus und der möglichen Beteiligung der belarusischen Armee am Krieg gegen die Ukraine sowie mit den Problemen der belarusischen Wehrpflichtigen befassen.