Die Vereinigung für Vernetzung und Partizipation e.V. aus Berlin berichtet auf ihrer Website über ihre Eindrücke von ihrer Reise nach Vilnius. Auch wir möchten sie gerne mit Ihnen teilen.

Gemeinsam mit der belarusischen Organisation „Unser Haus“ (Nash Dom) organisieren wir eine Jugendbegegnung in Berlin im Oktober. Nash Dom heißt „Unser Haus“ und zur Zeit sitzt die Organisation wegen der Repression und Gewalt nach dem Aufstand wegen der gefälschten Präsidentschaftswahl 2020 im Exil in Vilnius. Wir waren jetzt für eine Woche ebenfalls in Vilnius für ein Vorbereitungstreffen. Anlässlich dieser Reise konnten wir ein gutes Bild der Arbeit von Unser Haus in Vilnius bekommen.

Vor der Wahl in Belarus war „Unser Haus“ eigentlich eine feministische Frauenorganisation. Unser Haus hat sich hauptsächlich aus feministischer Motivation gegen häusliche Gewalt eingesetzt. Das klappte auch recht gut: Dass Frauen* sich organisieren und dass das gefährlich werden könnte, hatten die Verunsicherungsbehörden in Belarus lange nicht auf dem Schirm. Und auch das Thema häusliche Gewalt ermöglicht gegenüber einem konservativ-sexistisch sozialisierten Unterdrückungsapparat eine Art „pasing“: Ehe und Familie sind in den Augen von solchen Leuten schließlich wichtig und auch irgendwie Frauensache, also schaut man da nicht so genau hin, was da eigentlich genau passiert.

Im Exil

Doch damit war es mit dem Aufstand nach der gefälschten Präsidentschaftswahl vorbei. Wie der Rest der Opposition auch, floh „Unser Haus“ ins Exil nach Vilnius. Vilnius ist nur ca. 30 Kilometer von der Grenze entfernt, viele Menschen sprechen Russisch oder Belarusisch. Die Aufgaben, denen sich Unser Haus widmet, haben sich jedoch sehr gewandelt.

 

Humanitäre Hilfe

Mit einer Tafel und einer Kleiderkammer versorgt Unser Haus etwa 200 Haushalte mit Lebensmitteln und Kleidung. Denn die aus Belarus Geflüchteten bekommen keine staatliche Unterstützung und dürfen im Anerkennungsprozess nicht arbeiten. Darüber hinaus vermeiden es Geflüchtete zusehends, sich anzumelden, da seit etwa einem halben Jahr die litauische Regierung ihre zunächst recht flüchtlings- und oppositionsfreundliche Haltung aufgegeben hat und in den geflüchteten Belarus*innen zusehends eine Gefahr für die Innere Sicherheit sieht.

 

Trauma

Viele der geflüchteten Oppositionellen haben traumatische Erfahrungen machen müssen. Deswegen bietet Unser Haus auch niedrigschwelligen Trauma-Support an. Bastelrunden und Tanztherapie begleiten moderierte Gesprächsrunden, in denen Geflüchtete versuchen, ihre Erlebnisse gemeinsam zu verarbeiten.

Basteln für den Aufstand

Besonders clever fanden wir die Blumen-Bastelrunde anlässlich des Jahrestages des gescheiterten Aufstandes. Eine Methode, wie Menschen aus Belarus ihre Verbundenheit mit einen nicht-diktatorischen Belarus ausdrücken, sind die Farben weiss und rot. Diese rekurrieren auf alte Flaggen des Großfürstentums Litauen. Weit verbreitet ist das Basteln von Blumen. Diese kann man natürlich auch in rot und weiss basteln und sich dann damit in der Öffentlichkeit niedrigschwellig mit dem Aufstand solidarisieren. Und über das Basteln der Blumen können selbst Menschen, die mental nicht in der Lage zu so einem Protest sind, oder es für nicht clever halten, ihr Gesicht dort zu zeigen, Teil davon sein. Und auch wir haben mitgebastelt, es ist wirklich sehr entspannend.

 

Neben dieser direkten Hilfe für belarusische Geflüchtete macht Unser Haus Kampagnen für leichteres Asyl für die Geflüchteten. Das ist eine Mammutaufgabe, gerade in Zeiten wie diesen.