Am 4. September 2023 fand in der Sitzung des Ausschusses für Justiz und bürgerliche Freiheiten des Europäischen Parlaments (LIBE) ein Meinungsaustausch über die Frage des Zugangs zum politischen Asyl in Lettland und Litauen statt.
Die folgenden Personen nahmen an dem Meinungsaustausch teil:
– Frau Monique Pariat, Generaldirektorin der Generaldirektion Migration und Inneres (HOME), Europäische Kommission;
– Herr Igors Rajevs, Parlamentarischer Sekretär des Innenministeriums von Lettland;
– Herr Arnoldas Abramavičius, stellvertretender Innenminister Litauens;
– Mitglieder des Europäischen Parlaments.
Im Verlauf des Meinungsaustauschs kritisierten die Abgeordneten Litauen und Lettland für ihre Behandlung von Migranten aus dem Mittleren Osten. Insbesondere wurden Stimmen laut, dass Litauen und Lettland in entscheidenden Aspekten eindeutig gegen EU-Recht verstoßen. Die Diskussion kam zu einem Punkt, an dem die Abgeordneten über „Vertragsverletzungsverfahren“ im Zusammenhang mit der Verletzung von Menschenrechten sprechen mussten.
Während des Meinungsaustausches kritisierten zwei Europaabgeordnete Litauen unter anderem für den Fall der Menschenrechtsverteidigerin Olga Karach, der Litauen am 18. August kein politisches Asyl gewährte. Das Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Dietmar KÖSTER, und die irische Europaabgeordnete Clare DALY stellten dem Vertreter Litauens eine Reihe von Fragen zu diesem Thema.
Der Europaabgeordnete Dietmar KÖSTER:
– Am 4. August erklärte Litauen 1164 im Land lebende russische und belarusische Staatsbürger zu einer Bedrohung der nationalen Sicherheit und kündigte an, ihre ständigen Aufenthaltsgenehmigungen zu widerrufen. Ich verstehe, dass Litauen mit russischer Propaganda im eigenen Land vorsichtig sein muss, aber die Maßnahmen sollten sich in keiner Weise negativ auf Menschenrechtsaktivisten auswirken.
Ich bin sehr besorgt über diese Entscheidung, da sie unter anderem die Menschenrechtsverteidigerin Olga Karach betrifft. Sie ist die Leiterin der Organisation Unser Haus und kämpft seit Jahren für die Menschenrechte und das Recht auf Kriegsdienstverweigerung in Belarus. Sie war gezwungen, aus dem Land zu fliehen. Das belarusische Regime hat große Angst vor ihr. Es hat sie von einer „Terroristin“ zur „Gründerin eines terroristischen Regimes“ befördert.
Leider lehnte Litauen am 18. August ihr politisches Asyl ab und bezeichnete sie als „eine Person, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt“. Allerdings wurde ihr ein einjähriger vorübergehender Aufenthalt in dem Land gewährt, was nicht im Mindesten Sicherheit für sie bedeutet. Die Anschuldigung ist völlig absurd. Es wurde noch kein Strafverfahren gegen sie eingeleitet, und es gibt auch keine offizielle Anklage wegen Spionage.
Auf welche rechtliche Grundlage stützt sich der ganze Fall also? Ich denke, Ihr Land sollte in all diesen 1164 Fällen internationale Standards einhalten. Wie werden Sie dies sicherstellen? Und was werden Sie im Fall von Olga tun, da es für mich offensichtlich ist, dass sie nicht mehr als eine Menschenrechtsaktivistin ist und in Ihrem Land Asyl erhalten muss.
Die Europaabgeordnete Clare DALY:
– Der letzte Punkt soll die Aussage des Europaabgeordneten Dietmar Köster über Olga Karach und alle anderen in dieser Situation unterstützen. Sie sagten, dass Sie „echte Oppositionelle“ aus Belarus willkommen heißen. Das erschreckt mich, um ehrlich zu sein. Diese Frau ist eine bekannte Friedensaktivistin aus Belarus. Sie unterstützt den Krieg nicht. Sie ist eine Friedensaktivistin und Aktivistin für Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen.
Wenn sie nach Belarus zurückgeschickt wird, könnte ihr nach dem Gesetz, das sie wegen ihrer Anti-Kriegs-Aktivitäten des „Terrorismus“ beschuldigt, die Todesstrafe drohen. Und Litauen hat gesagt, sie sei ein Risiko für die nationale Sicherheit? Ist das ernst gemeint? Ich meine, Sie haben hier die Verantwortung … Asyl für Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen aus Belarus, aus Russland, vermutlich Friedensaktivisten, zu gewähren. Ich finde das ziemlich beängstigend, um ehrlich zu sein.
Sie können den gesamten Meinungsaustausch hier verfolgen.
Unser Haus