Die Republik Belarus bietet nur einen stark eingeschränkten Rahmen für die Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen. Obwohl das Gesetz über den Alternativdienst (2015) einen rechtlichen Weg für den zivilen Ersatzdienst eingeführt hat, gilt dieser ausschließlich für Personen, die aus religiösen Gründen den Militärdienst verweigern. Personen mit weltanschaulichen, ethischen oder philosophischen Einwänden werden faktisch ausgeschlossen.

Wichtige Bestimmungen und Einschränkungen

  1. Strenge religiöse Kriterien für die Zulassung

Der zivile Ersatzdienst in Belarus steht nur Personen zur Verfügung, die anerkannten pazifistischen Religionsgemeinschaften angehören, wie z. B. den Zeugen Jehovas und ähnlichen Glaubensrichtungen, die den Militärdienst verbieten. Wer den Militärdienst aus nicht-religiösen Gründen verweigert, etwa aus philosophischem Pazifismus, politischen Überzeugungen oder humanitären Erwägungen, ist nicht berechtigt und bleibt der Wehrpflicht unterworfen.

  1. Strafende Dauer des Alternativdienstes

Einer der restriktivsten Aspekte des belarussischen Alternativdienstes ist seine übermäßig lange Dauer:

  • 36 Monate (statt 18 Monate) für Personen ohne Hochschulabschluss.
  • 24 Monate (statt 12 Monate) für Hochschulabsolventen.

Die Einsätze im Alternativdienst finden in staatlich kontrollierten Einrichtungen wie Krankenhäusern, sozialen Einrichtungen und kommunalen Diensten statt, wo die Betroffenen unter strenger staatlicher Aufsicht stehen.

  1. Keine rechtliche Möglichkeit für nachträgliche Verweigerung aus Gewissensgründen

Das belarussische Recht erlaubt es aktiven Soldaten, Reservisten oder Personen, die ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben, nicht, nachträglich den Status eines Wehrdienstverweigerers zu beantragen. Reservisten, die nach ihrem ersten Wehrdienstzeitraum Gewissenskonflikte entwickeln, sind weiterhin verpflichtet, an obligatorischen Reserveübungen teilzunehmen oder mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen.

  1. Bewerbungsverfahren und bürokratische Hürden

Anträge auf Alternativdienst müssen vor oder während der Einberufungszeit eingereicht und von den Wehrpflichtkommissionen des Verteidigungsministeriums geprüft werden. Der Prozess erfordert umfangreiche Nachweise religiöser Überzeugungen, was es Antragstellern erschwert, eine Genehmigung zu erhalten. Abgelehnte Anträge können vor Zivilgerichten angefochten werden, wobei erfolgreiche Klagen aufgrund der richterlichen Voreingenommenheit zugunsten der Militärbehörden selten sind.

  1. Rechtliche Konsequenzen für nicht anerkannte Verweigerer

Personen, die sowohl den Militärdienst als auch den Alternativdienst ohne eine anerkannte Ausnahme verweigern, können nach Artikel 435 des Strafgesetzbuches strafrechtlich verfolgt werden. Die Strafen reichen von Geldbußen bis zu Haftstrafen von bis zu zwei Jahren, wodurch diejenigen kriminalisiert werden, die aus nicht-religiösen Gründen den Wehrdienst verweigern.

Aktuelle Statistiken zum Alternativdienst (Stand: 1. März 2024)

  • Insgesamt leisten derzeit 75 Personen in Belarus zivilen Ersatzdienst. Diese Zahl umfasst jedoch Personen, die in den letzten 2-3 Jahren aufgrund der langen Dauer des Alternativdienstes eingezogen wurden.
  • Verteilung nach Regionen:
    • Regionen Grodno und Mogiljow: je 15
    • Regionen Brest und Minsk: je 14
    • Region Gomel: 7
    • Region Witebsk: 6
    • Stadt Minsk: 4
  • 65 % dieser Personen sind im Gesundheitswesen tätig, während 35 % in sozialen Diensten arbeiten.
  • Zum Vergleich: 30.000 Personen wurden allein im Jahr 2024 zum Militärdienst eingezogen, was die extreme Seltenheit des Alternativdienstes und die klare staatliche Bevorzugung der militärischen Einberufung zeigt.

Fazit: Ein System zur Abschreckung

Obwohl Belarus den zivilen Ersatzdienst formell anerkennt, bleibt das System stark restriktiv und diskriminierend. Die übermäßig lange Dauer des Alternativdienstes in Kombination mit dem Ausschluss weltanschaulicher und philosophischer Wehrdienstverweigerer stellt eine erhebliche Belastung für diejenigen dar, die den Militärdienst aus Gewissensgründen ablehnen. Darüber hinaus führen die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung, Zwangseinberufung und wirtschaftlicher Nachteile dazu, dass viele Wehrdienstverweigerer Verfolgung, Geldstrafen, Haft oder erzwungene Emigration erleben.

Internationale Menschenrechtsorganisationen, darunter der UN-Menschenrechtsausschuss, haben Belarus wiederholt aufgefordert, den rechtlichen Rahmen zu erweitern, um das Recht auf Wehrdienstverweigerung umfassend zu schützen. Dennoch wurden bisher keine wesentlichen Gesetzesänderungen vorgenommen, sodass belarussische Verweigerer vor einer unmöglichen Wahl stehen: sich fügen, die Konsequenzen tragen oder das Land verlassen.

 

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.