In der Ukraine herrscht heute ein erbarmungsloser Krieg, der Tausende Tote und Verletzte mit sich bringt. Die Situation kann sich jedoch rapide verschlechtern, falls belarusische Armee sich unmittelbar am Kriegsgeschehen beteiligen wird. Heute wird das Territorium der Republik Belarus für einen Angriffskrieg genutzt – jedoch ist die belarusische Armee noch nicht in die Ukraine eingedrungen.
Es ist nicht ausreichend zu sagen, dass Wladimir Putin ein Aggressor ist. Es ist heute umso wichtiger, dass ihm belarusische Ressourcen entzogen werden, in der ersten Linie die belarusische Armee. Der Mangel an Ressourcen soll sowohl Putin-, als auch Lukaschenko – Regime gleichzeitig die Energie rauben und den Zustrom an belarusischen Soldaten, quasi „frischem Blut“, soll abnehmen. Denn selbst mit modernster militärischer Ausrüstung und Munition ist es unmöglich, ohne Soldaten einen Krieg zu führen.
Um den Sieg der Ukraine zu beschleunigen, hat die belarusische Menschenrechtsorganisation „Unser Haus“ im März 2022, bereits wenige Tage nach der russischen Invasion in die Ukraine, eine Initiative zur Blockade der belarusischen Armee gestartet.
Der Name der Initiative – „Nein heißt Nein“. Das primäre Ziel ist, jungen belarusischen Soldaten, die aufgrund ihrer ethischen und moralischen Einstellung ausdrücklich nicht am Kriegsgeschehen teilnehmen wollen, sowie belarusischen Deserteuren dabei zu helfen, nicht in der belarusischen Armee dienen zu müssen und somit nicht in den Krieg in der Ukraine aktiv teilzunehmen.
Unser Ziel ist, dem Diktator Aleksandr Lukaschko die Machthabe über die Armee zu entziehen und jeden seiner Versuche zu blockieren, die belarusische Armee als Hilfe für Putins Krieg zu missbrauchen.
In der Anfangsphase ist das Ziel der Initiative gewesen, die Zwangsmobilisierung in Belarus zu unterbinden. Wir helfen jungen belarusischen Kriegsverweigerern und Deserteuren dabei, das Land sicher zu verlassen und woanders Zuflucht zu finden. Der Verbleib der jungen Dienstverweigerern und Deserteuren in Belarus bedeutet definitiv eine Haftstrafe von ca. 7-10 Jahren.
Unser Haus als jahrelang praktizierende Menschenrechtsorganisation wissen sehr gut die Situation in den belarusischen Gefängnissen. Wir können es nicht zulassen, dass Belarusen wegen ihrer ethischen und moralischen Einstellung sich einer Haftstrafe unterziehen, wobei sie in den Gefängnissen gefoltert, geschlagen, vergewaltigt und sogar getötet werden können!
Das belarusische Verteigigungsministrerium hatte im Februar 2022 ca. 43.000 junge Wehrpflichtige einberufen. Bis heute haben ca. 20.000 belarusische Kriegssverweigerer das Land verlassen müssen, um nicht für den Angriffskrieg gegen die Ukraine mobilisiert zu werden. Bislang konnten die belarusischen Behörden nur 6.000 Wehrpflichtige einberufen, nicht zuletzt Dank Bemühungen unserer Organisation. Diese Anzahl der Soldaten reicht nicht aus, um einen spürbaren Unterschied in der Ukraine zu spüren und eine Artillerie dorthin zu entsenden.
Infolge der misslungenen Mobilisierung wurde Generalmajor Alexander Shkirenko am 12. Juli 2022 von seinem Posten des Leiters der Hauptabteilung für die Organisation und Mobilisierung sowie stellvertretender Leiter des Generalstabs der Streitkräfte, entlassen. Er war der Leiter des belarusischen Einberufungskomitees.
Im Zeitraum zwischen August und November ist eine neue Einberufungswelle geplant. Am 4. Juli 2022 unterzeichnete Lukaschenko den Erlass Nr. 227 „Über die Wehrpflicht und die Einberufung zum Militärdienst, Dienst in der Reserve“.
Wir haben ein Action Plan, das Wissen und die Infrastruktur, um belarusischen Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren systematisch zu helfen. Unsere Aufgabe ist, die belarusische Armee als Ganzes zu blockieren, sodass belarusische Staatsbürger sich nicht am Kriegsgeschehen beteiligen müssen. Für die Erreichung des Ziels haben wir einen Plan ausgearbeitet und setzten diesen konsequent und systematisch um.
Derzeit haben sich 10 größten Unternehmen Polens sich bereit erklärt, ihre Einstellungsprioritäten zu ändern und belarusische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure vorrangig einzustellen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, einen Ausweg zu haben. So wird den vom ihren ersten Arbeitstag an eine Unterkunft zur Verfügung gestellt. Die einzige Voraussetzung ist, ein humanitäres Korridor nach Polen. Derzeit liegt unsere Aufgabe darin, ein humanitäres Korridor nach Polen zu eröffnen und einen sicheren Durchgang zu gewährleisten.
Wir haben eine Hotline für die betroffenen Belarusen eingerichtet. Wir haben bis jetzt in 17 Fälle Dienstverweigerern aus ethischen und moralischen Gründen sowie einen belarusischen Deserteuer, der illegal ausgereist ist, geholfen. Leider können wir aufgrund von unterschiedlichen Herausforderungen, die seitens belarusischen Behörden gestellt werden, nicht allen Betroffenen helfen. Derzeit liegen uns ca. 400 Anträge der Kriegsverweigerer aus ethischen und moralischen Gründen vor, die derzeit auf akute Hilfe waren.
Zunächst war die Überlegung, dass belarusische Kriegsverweigerer sich in der Ukraine ergeben. Jedoch nach dem Austausch mit dem ukrainischen Militär wurde uns versichert, dass dieses Vorhaben nicht durchführbar ist, da der überwiegende Teil der Soldaten bereits vor der Gefangennahme während den Kriegsaktivitäten getötet werden würden, daher werden die Überlebenschancen als sehr gering eingestuft.
Die Gegebenheiten haben die Frage aufgeworfen, wohin belarusische Deserteure evakuiert werden können, nachdem sie gefangen genommen wurden. Litauische Politiker haben diese Idee verworfen. Wir gehen mit unseren Kenntnissen davon aus, dass auch polnische, deutsche, lettische, estnische und europäische Politiker sich nicht dazu bereit erklären würden. Somit müssen wir unsere Arbeit anders organisieren.
So haben wir Belarusen ermutigt, das Land zu verlassen. Heute zählen wir ca. 20.000 junge Deserteure, die wegen ihrer ethischen und moralischen Einstellungen nach Georgien und in die Türkei geflohen sind und dort festsitzen. Es ist für die oben beschriebene Zielgruppe derzeit unmöglich, ein EU-Visum zu erhalten. Dieser Missstand könnte behoben werden, wenn es ein sicheres humanitäres Korridor nach Polen für junge Kriegsverweigerer und Deserteure geöffnet wird.
Heute sind wir imstande, unsere Initiative weiterzuentwickeln. Immer mehr junge Belarusen lehnen den Militärdienst und vor allem die Teilnahme am Krieg gegen die Ukraine ab. Unsere Aufgabe ist es, ihnen zu helfen und zu verhindern, dass belarusische Armee in die Ukraine einmarschiert und dort an der Seite der russischen Okkupanten gegen die Ukraine kämpfen.
Das ist die größte und wichtigste Hilfe, die wir der Ukraine zur Verfügung stellen können.